„…ich würde gerne einen Segelschein machen!“

So oder so ähnlich beginnen Textnachrichten oder Anrufe, die ich von Zeit zu Zeit erhalte. Dann freue ich mich, dass jemand anderes sich für diesen Sport, dieses Hobby oder was auch immer es für die jeweilige Person (für mich ist es ja quasi Lebenseinstellung) ist, entschieden hat. 🙂
Anschließend folgt eine Einführung in die wilde Welt deutscher Segelscheine, der Voraussetzungen, des Ablaufs und so weiter. Warum also das ganze nicht mal kompakt und sauber in einem Blogartikel zusammenfassen?

Sicherheitshalber sollte ich erwähnen: Dieser Artikel ist für Leute gedacht, die keine Ahnung haben, wo und wie sie anfangen sollen. Daher lasse ich einige Teile weg, die für den Einsteiger erstmal nicht wichtig sind, und die man eh kennen lernt, wenn man erstmal im Prozess ist (in Fachkundenachweise und Bodenseepatent kann man sich später nochmal einlesen) und vereinfache die Prozeduren ein wenig, um Anfänger nicht anzuschrecken. Alles klar? Dann los…

Phase 1 – Die Scheine an sich und deren Voraussetzungen

Wie der Titel schon verrät: Es gibt in Deutschland mehr als einen Schein, den der Segler erwerben kann. Also sollten wir beginnen mit einem kleinen Überblick. Um das ganze ein wenig übersichtlicher zu gestalten, hab ich hier auch eine kleine Grafik dazu.

Sportbootführerschein See
(SBF See):

Hier beginnt quasi alles. Der Sportbootführerschein See ist DIE Grundlage für den Bootssport auf See (Für die ganz blutigen Anfänger: Der Bootsfahrer versteht unter „See“ immer das Meer, Flüsse und Seen werden hier unter „Binnen“ zusammengefasst). Für den SBF See müsst ihr mindestens 16 Jahre alt sein, ein ärztliches Zeugnis vorlegen, dass euch gesundheitliche Tauglichkeit nachweisen und „zuverlässig“ – also „nicht gegen verkehrsstrafrechtliche Vorschriften erheblich verstoßen und deswegen rechtskräftig verurteilt worden“-sein. Wer schon mal aktenkundig wegen Trunkenheit am Steuer verurteilt wurde, hat kaum Chancen, diesen Schein zu erwerben.
Aus gesetzlicher Sicht ist der SBF See nicht auf den Gültigkeitsbereich der Seeschifffahrtsstraßenordnung, also die 3-Meilen-Zone beschränkt; was das bedeutet, erkläre ich später.
Grundsätzlich lernt ihr beim SBF See die Grundlagen wie man ein Motorboot führt – Navigation, Schifffahrtsrecht, Seemannschaft, in der Praxis dann noch Anlegen und Mann-über-Bord unter Motor. Aber eben auch nur die Grundlagen. Die Prüfung ist Multiple Choice, Segeln spielt hier erstmal keine Rolle.

Sportküstenschifferschein (SKS):

Der Sportküstenschifferschein ist quasi der erste „Segelschein“ den ihr macht – die Inhalte sind abgestimmt auf das Führen von Sportbooten unter Segel und Motor in Küstengewässern (12 sm vor der Küste). Auch hier müsst ihr 16 Jahre alt, körperlich tauglich und zuverlässig sein (siehe oben), zusätzlich müsst ihr hier als Voraussetzung noch Inhaber eines SBF See sein und für die Praxisprüfung 300 Seemeilen auf Yachten in Küstengewässern nachweisen.
Habt ihr den SKS erworben, seid ihr quasi Segler. Ihr habt grundlegende Kenntnisse in Navigation, Recht, Seemannschaft und habt zumindest die grundlegenden Manöver des Bootssports schon einmal trainiert. Ob ihr auch GUTE Segler seid, steht noch nicht fest 😉 . Wie ihr dahin kommt und wie es von da an weitergehen sollte, erläutere ich weiter unten.

Sportseeschifferschein (SSS):

Jetzt kommen wir zur hohen Schule des Scheinsammelns – dem Sportseeschifferschein, oder wie man mir schon mal sagte: Der „Skipperschein“. Offiziell abgestimmt auf das Führen von Sportbooten unter Segel und Motor in küstennahen Seegewässern (30 sm von Land weg sowie auf ein paar Meeren, die ich jetzt nicht alle aufzähle).
Um diesen Schein zu erwerben, benötigt ihr insgesamt 700 nachgewiesene Seemeilen nach Erwerb des SKS (oder 1000 nachgewiesene Seemeilen als Wachführer nach dem SBF See). Aber Vorsicht: Der inhaltliche Sprung von SKS zu SSS ist immens! Viel Stoff zu lernen und es werden mehr Details gefragt (Beispiel gefällig? Ihr müsst nicht nur die Ausweichregeln auf See können, sondern auch die genaue Nummer und Unternummer aus den KVR (=Kollisionsverhütungsregeln) wissen). Zusätzlich prüft man euch in der praktischen Prüfung darauf, ob ihr an Bord alles im Blick habt – auch eure Crew. Und könnt ihr ein Mann-über-Bord-Manöver auch alleine fahren? Nach der SSS-Ausbildung könnt ihr es (hoffentlich, so ihr einen guten Lehrer habt).

Sporthochseeschifferschein (SHS):

Hohe Schule hatten wir schon, danach kommt die Königsklasse der Segelscheine! Der Sporthochseeschifferschein ist der amtliche Sportbootführerschein für weltweite Fahrt. Hier tut ihr euch was an: Es kommen z.B. globale Wettersysteme, Astronavigation und noch ein paar andere knackige Themen hinzu, die ihr büffeln dürft. Für diesen Schein müsst ihr mindestens 18 Jahre alt sein und nochmal 1000 Seemeilen als Skipper, Coskipper oder Wachführer nach Erwerb des SSS vorweisen. Dafür erwartet euch am Ende nur eine schriftliche Prüfung, eine praktische Prüfung gibt es hier nicht mehr.

Sportbootführerschein Binnen (SBF Binnen):

Der Vollständigkeit halber und weil ich immer wieder danach gefragt werde, erwähne ich hier noch den Sportbootführerschein Binnen. Den benötigt ihr zum Führen von Sportbooten auf „Bundeswasserstraßen im Bereich der Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung“, und da liegt schon der erste Hund begraben: Mit Wasserstraßen sind Flüsse und Kanäle gemeint. Seen fallen hier schon mal raus. Zusätzlich haben einige Gewässer (z.B. Rhein, Donau oder der Bodensee) eigene Schiffahrtsordungen. Hinzu kommen noch die Verordnungen der Länder.
Kurzum: Bevor ihr diesen Schein macht, guckt erstmal, ob ihr ihn überhaupt braucht dort wo ihr vorhabt, unterwegs zu sein. Der praktische Teil unterscheidet sich so wenig vom SBF See, dass euch die Praxisprüfung für letzteren auch für den Binnenschein angerechnet wird.
Wisst ihr von Anfang an, dass es euch eh aufs Meer hinaus zieht, und euch Seen und Flüsse ziemlich egal sind, könnt ihr aber auch getrost auf diesen Schein verzichten.

Beschränkt gültiges/Allgemeines Funkbetriebszeugnis (SRC/LRC):

„Short Range Certificate“ und „Long Range Certificate“ (daher die Abkürzungen) sind streng genommen keine Segelscheine, dennoch aber für den Segler nützlich. Denn befindet sich ein Funkgerät an Bord eures (Charter-)Bootes, werdet ihr auch einen Schein dafür brauchen. Während sich der SRC nur mit UKW/VHF beschäftigt (dem Standard auf jedem Boot), ergänzt der LRC den Stoff noch um Grenz- und Kurzwelle sowie Satelliten-Kommunikation (was ihr vermutlich auf KEINEM Charterboot finden werdet). Welchen Schein davon ihr macht, bleibt letzten Endes eurem Interesse für Funk überlassen. Beide Scheine sind multiple choice, für den LRC müssen ein paar zusätzliche Fragen mehr beantwortet werden.

Phase 2 – Wie gehe ich am besten vor?

Die Basics: Der Sportbootführerschein

Der beste Anfang ist immer am Anfang: ihr braucht den Sportbootführerschein See. Der klassische Weg hierzu führt direkt zu einer Schule. Hier wird man euch gleich auf den Theorie-Kurs verweisen. In der Regel kann euch jede Bootsschule in geografischer Nähe eine fundierte Ausbildung zur Theorie des Sportbootführerscheins vermitteln.
Hier ist der Punkt, an dem ich mit ketzerischen Gedanken spiele: Immer öfter wird mir zugetragen, dass es hervorragende Handy-Apps gäbe, mit denen man sich auf die Fragen vorbereiten könne. Die theoretische Prüfung ist multiple choice. Die Fragen sind auch im Netz verfügbar. Und da ich der festen Überzeugung bin, dass es einen fundamentalen Unterschied zwischen „etwas können“ und „eine Prüfung bestehen“ gibt, sage ich ganz ehrlich: Macht hier was euch besser hilft. Manche können mit modernen technischen Hilfsmitteln sehr gut lernen, manche brauchen einen Lehrer, der Fragen beantwortet. Nebenbei hilft letzterer dabei, die Navigationsaufgaben zu lernen.
Wie auch immer ihr durch die theoretische Prüfung gekämpft habt: Für die Praxis führt kein Weg an einer Schule vorbei. Anlegen und Ablegen sowie das Mann-über-Bord-Manöver lassen sich weder im Frontalunterricht noch in der App lernen. Ihr müsst euch also eine Schule in eurer Nähe suchen.

Das Können: Der SKS und die Sache mit den Seemeilen

Ungeachtet dessen was ihr wirklich braucht (siehe Phase 3) oder wie gut ihr seid: Ich empfehle jedem Segel-Fan mit ernsthaften Absichten zumindest den Sportküstenschifferschein zu machen. Warum? Weil der SBF See nicht die Inhalte vermittelt, die ihr für euren Segeltraumurlaub braucht.
Die häufigste Frage die man mir in diesem Zusammenhang stellt ist: Wie komme ich auf die 300 Seemeilen (der Einfachheit ab sofort und für alle Ewigkeit mit „sm“ abgekürzt), die ich für die Praxisprüfung brauche?
Die Antwort ist ganz einfach: Geht segeln! Und zwar auf dem Meer (Binnengewässer zählen nicht). 150 sm kann man relativ einfach bei einem netten Urlaubstörn erreihen. Da ich ja eh meistens von Leuten gefragt werde, die bereits eine Woche Törn mit mir hinter sich haben: Ihr solltet normalerweise nach einer Woche genug Seemeilen gesammelt haben! Denn bedenkt: Die praktische Ausbildung dauert bei den meisten Segelschulen eh schon eine Woche. Und in dieser Zeit werdet ihr vermutlich auch nochmal 150 sm absolvieren. Nach Adam Riese habt ihr also am Ende eures Ausbildungstörns die benötigten 300 sm voll, wenn ihr dann zur Prüfung antretet.
Was aber wenn ich keinen Bekannten habe für die ersten 150 sm? Auch das ist in der Regel kein Problem. Seriöse Segelschulen werden euch auch die Möglichkeit anbieten 14 Tage auf Törn zu fahren und dort die 300 sm zu absolvieren.
Achtung: Einige Schulen versprechen euch auch 300 sm in EINER Woche, Ausbildung inklusive. Davon würde ich persönlich eher Abstand nehmen! Zwar kann man die Gesamtstrecke auch in einer Woche runterreißen; doch besteht gerade bei wenig Wind oder schlechtem Wetter die Chance dass eure Ausbildung dabei zu kurz kommt. Lieber ein wenig mehr Zeit nehmen und auf eine solide Ausbildung achten als Zeit sparen. Denn den Segelschein habt ihr idealerweise ein Leben lang, was macht da schon die eine Woche auf dem Boot…
Wenn alles klappt habt seid ihr also stolzer Träger des Sportküstenschifferscheins! Hurra!

Die Sache mit dem Funkgerät…

Ich gehe mal schwer davon aus, dass die Wenigsten meiner Leser das Kleingeld haben, um sich sofort ein Boot zu kaufen. Ihr werdet euch also in die Reihe der Charter-Touristen einreihen müssen, um zu eurer jährlichen Dosis Segeln zu kommen. Spätestens wenn ihr dann aber in der Marina steht und euer Charterboot in Empfang nehmen wollt werdet ihr vor folgendem Problem stehen: Der Vercharterer will von euch euer Funkbetriebszeugnis sehen!
Da heutzutage (Stand 2019, falls das in 10 Jahren noch jemand liest) quasi jedes Charterboot (und auch jedes Eignerboot) mindestens über ein VHF-Funkgerät verfügt verlangen seriöse Vercharterer dementsprechend auch ein Funkbetriebszeugnis von mindestens einem Crewmitglied. Da bietet es sich an, dass der Skipper (wider Allem was ich im nächsten Punkt anspreche seit das vermutlich ihr) eben jenes Zeugnis hat.
Also ab zurück zur Segelschule; Ein SRC ist recht leicht gemacht. Wenn ihr euch wie schon erwähnt für Funk interessiert rate ich jedem gleich direkt ein LRC zu machen – der Mehraufwand ist für Interessierte überschaubar und meist ist es finanziell sogar günstiger gleich einen kombinierten Kurs für SRC+LRC zu machen.

Lasst mich skippern, ich kann das! Oder?

Ihr habt also auf mich gehört und SBF See, SKS und SRC/LRC gemacht. Nun sollte man doch meinen, man kann euch ein Boot anvertrauen (siehe auch Phase 3).
Theoretisch ja, doch ich wage zu widersprechen…
Tatsächlich ist es ein klassischer Fehler, den viele Segler (mich eingeschlossen) begangen haben: Ich hab den SKS, also bin ich Skipper. Liebe Freunde des Segelns, lasst euch sagen, ihr irrt. Denn wenn ihr dann mal tatsächlich auf „eurem“ Boot steht und die Verantwortung tragen müsst, werdet ihr merken, dass die Sache nicht so leicht ist, wie damals auf dem Ausbildungstörn, als ein fachkundiger Ausbilder hinter euch stand und euch geholfen hat, wenn ihr euch eurer Sache nicht so sicher wart.
Aber fürchtet euch nicht, es gibt Abhilfe. Das Einfachste ist: Geht wieder segeln, idealerweise mit genau den Skippern, die euch schon eure ersten Seemeilen attestiert haben. Da ihr nun ein wenig mehr Bescheid wisst über die Basics könnt ihr euch nun darauf konzentrieren die Feinheiten der Schiffsführung zu erlernen. Da euch nun hoffentlich der Unterschied zwischen Schot und Fall geläufig ist könnt ihr euch mit Details beschäftigen: Wie war das nochmal mit der Mooring-Leine? Wann bezahle ich meinen Liegeplatz in der Marina? Und dieses Ein- und Ausklarieren, wie ging das nochmal?
Und falls ihr keinen kundigen Skipper habt, von dem ihr euch das Eine oder Andere abschauen könnt, steht vermutlich eure Segelschule schon parat: Skippertraining heißt das Zauberwort. Da ihr nun keine Prüfung mehr zu bestehen, habt kann euch ein Segellehrer helfen, genau die Bereiche nochmal zu trainieren, die bei eurer Ausbildung zu kurz gekommen sind. Ihr werdet staunen was es da noch alles zu lernen gibt. An dieser Stelle möchte ich euch auch noch ein Hafenmanövertraining ans Herz legen: An- und Ablegen sind die Angstmanöver jedes Charter-Seglers. Grund genug sie einmal ordentlich zu trainieren. Dieses Geld ist sicher nicht verschwendet und der Mehrwert wird euch vermutlich euer gesamtes restliches Seglerleben begleiten.

Die Kür: Das erste Kommando und weitere Scheine

Ihr habt also den SKS, habt ein Skipper-Training und vielleicht auch ein Hafenmanövertraining gemacht. Ein paar mehr Seemeilen habt ihr auch schon absolviert. Ja, ihr solltet jetzt eigentlich reif sein selbst ein Boot zu chartern und eine Crew über die Meere zu navigieren. Ich wünsche euch viel Spaß dabei. Bedenkt eines: Die See ist eine launische Geliebte und Demut vor den Naturgewalten steht euch immer gut zu Gesicht (das sollten euch eure Lehrer auf dem Weg bis hier auch gut zu verstehen gegeben haben, ansonsten lest weiter bis zum Punkt „macht mich ein Schein schon zum Segler“)
Ab hier trennt sich die Spreu vom Weizen: Mache ich weitere Scheine?
Brauchen werdet ihr Sie nicht. Wollt ihr einfach nur hin und wieder einen schönen Urlaub mit und auf dem Segelboot verleben könnt ihr hier eigentlich aufhören. Unzählige erfahrene Skipper haben nie mehr als den SKS gemacht.
Wollt ihr allerdings euer Wissen erweitern, kompetenter werden, gar gewerblich Sportboote führen, dann führt euer logischer Weg zu SSS und SHS. Fragt hier eine Segelschule eures Vertrauens.
Ansonsten wünsche ich euch immer eine Hand breit Wasser unterm Kiel.

Phase 3: Fragen und Antworten

Wie lange brauche ich?

Die kurze Antwort hierauf ist: Solange wie es braucht. Kein Scheiß, nehmt euch die Zeit! Es bringt hier überhaupt nichts, hetzen zu wollen. Im Gegenteil: Die Scheine kann man mit ein bisschen Sitzfleisch recht schnell durchackern, aber was ihr wirklich braucht ist Know How. Denn das Meer verzeiht keine Flüchtigkeitsfehler und man eben rechts ran fahren und den ADAC rufen funktioniert hier nicht. Also nehmt euch die Zeit.
Segelschulen geben meist recht detailliert an, wie lange ihre Kurse brauchen – Nehmt euch sicherheitshalber aber mal ein Jahr lang Zeit für SBF See, SKS und SRC. Solltet ihr schneller fertig sein, macht das gar nichts, schlimmer ist es schon mal, der Crew den tollen Segeltörn zu versprechen, bevor man selbst mit dem ersten Schein angefangen hat. Die See ist geduldig, seid es auch.
Vermeidet Abkürzungen! Gesparte Zeit und gespartes Geld sind gesparte Sicherheit.

Ok, welchen Schein brauche ich WIRKLICH?

In erster Linie den Schein, den der Vercharterer von euch sehen will. In Nord- und Ostsee ist man da meist sehr streng was SBF See und SKS angeht, im Mittelmeer legen Vercharterer oft etwas „mediterranere“ – sprich lockerere – Ansprüche an. Geschichten kursieren vom Kroatischen Segelpatent, dass man in einem Nachmittag beim Hafenmeister machen kann.
Was ihr WIRKLICH braucht, ist vor allem das grundlegende Know How. SBF See und SKS sind meinem Befinden nach eine gute Möglichkeit an die Materie herangeführt zu werden, wenn auch nicht die einzige Möglichkeit; und auch kein Garant, dass man hinterher alles Nötige weiß (Alles sowieso nie).
Die Sache mit den „X sm vor der Küste“ beschreibe ich übrigens noch weiter unten.

Macht mich ein Schein schon zum Segler?

Ich kannte da mal einen DSV-Prüfer, der hat jede Prüfung mit dem Satz beendet: „Und wenn sie mal in einen Sturm fahren, dann winken sie kräftig mit ihrem Segelschein damit der Sturm auch weiß, wie er sich zu verhalten hat“.
Anders gesagt: Ein Schein macht noch keinen Segler. Und man hüte sich davor zu glauben dass ein Segelschein ein Garant für Können ist. Stattdessen ist das Segeln ein lebenslanger Lernprozess. Es gibt immer neue Situationen zu meistern und immer neue Erfahrungen zu gewinnen. Daher rate ich Jedem: Seid offen für neue Erfahrungen und seit immer bereit zu lernen! Demut ist euer größter Verbündeter wenn es darum geht Gefahr zu vermeiden und Wissen zu erlangen.
Lasst euch übrigens auch nicht beeindrucken von der Zahl gefahrener Seemeilen: Manch einer blickt zurück auf 10.000 sm, die er bei schönem Wetter zwischen nahe beieinander gelegenen Inseln absolviert hat ohne jemals eine Batterie zu wechseln oder ein Segel zu flicken. Jeder Segler ist zeitlebens Lehrer und Schüler zugleich; letzten Endes ist die Natur unsere Lehrerin.

Der Binnensegelschein

Viele Segelschulen bieten wie selbstverständlich einen Binnensegelkurs an. Von vielen Seglern wird das als die „seglerische Grundausbildung“ angesehen, in der man lernt, eine (meist) Jolle nur unter Segeln zu bewegen, sowie Segelstellung, Umgang mit dem Wind und so weiter. Ob ich euch hier nun empfehle erstmal diesen Binnensegelkurs zu machen? Sagen wir es so: Ich habe es nicht. Und ich habe bis heute auch noch nichts vermisst. Für mich persönlich konnte ich feststellen – ich weiß, ein zweiter ketzerischer Gedanke – dass es nicht nötig ist, weil man bei der Ausbildung zum Fahrtensegler die selben Fähigkeiten quasi nebenbei erlernt.
Besteht euer persönlicher Spaß darin, möglichst schnell übers Wasser zu gleiten, noch den letzten halben Knoten aus dem Rigg zu kitzeln und vielleicht auch mal die eine oder andere Regatta zu fahren, sind solche Kurse natürlich Gold wert und sollten nicht ausgelassen werden.
Seht ihr euch selber eher dabei, die Meere zu erkunden, ohne dass es auf ein paar Stunden mehr oder weniger ankommt, dann ist ein Binnensegelkurs eher ein optionales Vergnügen.

Die Sache mit den Küstengewässern

„Der Inhaber ist befähigt zum Führen von Yachten […] auf den Küstengewässern aller Meere bis zu 12 Seemeilen Abstand von der Festlandküste.“
Dieser oder ähnliche Sätze finden sich irgendwo auf allen Bootsscheinen und definieren eine Zone, in der ihr mit eurem Schein „offiziell fahren“ dürft – meist sind das X Seemeilen Abstand zum Festland.
„Und wenn ich weiter rausfahre? Bekomm ich dann einen Strafzettel und muss zurück?“ fragt ihr – zurecht! Natürlich kommt kein Polizeiboot und schleppt euch zurück wenn, ihr zu weit rausgefahren seid. Die Angabe in eurem Schein gibt eher Auskunft darüber, in welche offiziellen Inhalten ihr geprüft wurdet – und beim SBF See habt ihr natürlich noch nicht gelernt wie man sich auf hoher See orientiert und wie Großkreisnavigation funktioniert. Es geht hier also nicht um „Dürfen“, sondern um attestiertes „Können“ (siehe hier auch nochmal den Punkt Macht ein Schein mich schon zum Segler?).
Wo das aber dennoch auch rechtlich relevant wird, ist sobald eine Versicherung ins Spiel kommt. Den passenden Schein zum Gebiet haben kann also nicht schaden, wenn man eh Interesse an der Materie hat.

Phase 4: Loslegen

Worauf wartet Ihr noch? Auf geht’s. Die Weltmeere warten. Egal ob Urlaubstörn oder Weltumsegler, es beginnt alles mit der ersten Seemeile.
Ihr habt vor der ganzen Sache noch zu viel Respekt? Gut, denn die See ist eine launische Geliebte. Respekt vor Wind und Welle wird euch vor manchem Leichtsinnsfehler bewahren. Und dennoch sollte es euch nicht hindern.

Ich wünsche euch viel Spaß auf eurer Reise.
Man sieht sich.

-Jörg

Sonnenuntergang über dem Atlantik
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